Die Entwicklung der Gemeinnützigen Baugenossenschaft
Gründung am 07.Mai 1919
Während des 1. Weltkrieges 1914 bis 1918 waren Baugewerbe und Bauindustrie fast lahmgelegt, da das noch vorhandene Material für die Rüstungsindustrie verwendet wurde. Die bestehende Wohnungsnot zu beheben, wäre vordringlichste Aufgabe der staatlichen und städtischen Behörden gewesen. Unter Einfluss der unmittelbaren Nachkriegstage wurde am 07. Mai 1919 die Gemeinnützige Baugenossenschaft für Kleinsiedlung und Kriegsheimstätten, e.G.m.b.H Stadtamhof und Umgebung gegründet. In Reinhausen gab es bereits die Baugenossenschaft "St. Josef Heimstätten", die es aber ablehnte, alle Wohnungssuchenden ohne Unterschied der Konfession und Partei aufzunehmen. So wurde am 07.Mai 1919 beschlossen eine gemeinnützige Baugenossenschaft Stadtamhof und Umgebung zu gründen und zwar als eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht. Derselben traten sofort die 48 Anwesenden als Genossen bei. In den Vorstand wurden dann sofort einstimmig gewählt:
- der Schlosser Johann Hayder
- der Führerheizer Josef Baumgartner
- der Bezirksamtsassistent Karl Seiler
- der Bäckermeister und Kreissekretär Ludwig Goppel
- der Stadtsekretär Max Hahn
Im Anschluss daran wurde zur Wahl des Aufsichtsrates geschritten. Hier wurden folgende Herren gewählt:
- Josef Wimmer, Pfarrer
- Josef Riederer, Zimmerer
- Johann Prem, Gärtner
- Georg Riepl, Buchbinder
- Michael Weinberger, Sänger
- Karl Kick, Kupferschmid
- Alois Plodeck, Schneider
- Matthias Stadlbauer, Expeditionsgehilfe
- Josef Kagerer, Schneider
- Franz Löchter, Buchbinder
- Johann Schollerer, Fabrikarbeiter
- Peter Moosburger, Zimmerer
- Karl Wilhelm, Schuhmacher
- Johann Wiesheier, Magazineur
- Felix Skaler, Vergolder
Als Rechtsberater der Genossenschaft wurde der Rechtsanwalt Clos in Stadtamhof gewählt. Sämtliche Gewählten stammten aus den Reihen der Genossen.
In der 1. Sitzung am 13. Mai 1919 wurde Johann Hayder zum Vorsitzenden gewählt, ein sozialdemokratischer Vertreter der Reinhausener Arbeiterschaft.
Zweiter Vorsitzender wurde er Bäckermeister und Kreissekretär einer christlichen Gewerkschaft, Ludwig Goppel aus Reinhausen, der Vater des späteren Ministerpräsidenten Dr. Alfons Goppel. Zum Beisitzer der Vorstandschaft wurde der Lokführer Josef Baumgartneraus Reinhausen gewählt, der ab Juni 1919 als sozialdemokratischer Vertreter, Mitglied des Gemeinderates war.
Ein wichtiger Schritt war zunächst die Finanzierung der ersten Bauten.
Im Sommer 1919 stellte das Fürstliche Haus Thurn und Taxis ein Startkapital von 225.000 Reichsmark zur Verfügung und die St. Katharinen-Spital-Stiftung gab 5 Tagwerk Baugrund zu verbilligtem Preis ab. Eine bei den Einwohnern der Vororte durchgeführte Sammlung brachte ebenfalls weitere 90.000 Reichsmark ein. Bis Ende 1919 gingen durch die Anteilszahlungen von Mitgliedern, weitere 48.645 Reichsmark ein.
Als planender und ausführender Architekt für die "Siedlung" wurde Carl Winkler beauftragt.
Mit unerwarteten Schwierigkeiten hatte die Baugenossenschaft bei der Wasserversorgung ihrer Häuser zu kämpfen. Da die Entnahme aus dem städtischen Leitungsnetz nicht erlaubt war, mussten Brunnen gebohrt werden, die aber nicht genügend Wasser lieferten. Erst drei Jahre nach der Eingemeindung, im Jahre 1927, wurde der Anschluss der Siedlung an den durch Reinhausen gehenden städtischen Wasserstrang genehmigt. Ebenfalls als sehr schwierig erwies sich zudem die Beseitigung der Abwässer. Erst im Frühjahr 1931, nach 12jährigem Bestehen der Siedlung, wurde der städtische Kanal endlich fertiggestellt und die Häuser konnten unter hohem Kostenaufwand an die Kanalisation angeschlossen werden.
Während Reinhausen noch zum Bezirksamt Stadtamhof gehörte, musste die Baugenossenschaft ihr Wege- undStraßennetz auf eigene Kosten errichten. Im Jahr 1921 wurde im Ortsteil Steinweg, der damals ebenfalls noch nicht eingemeindet war, ein Bauvorhaben an der Pfälzerstraße in Angriff genommen: 21 Wohnungen, die vor allem Kriegsbeschädigten aus den Vororten zugutekamen. Aber auch Familien, die ihre Heimat in der Pfalz verloren hatten, konnten hieruntergebracht werden.
Anfang der 20er Jahre begann auch die Entwicklung einer eigenständigen Infrastruktur in der Siedlung. Bereits 1924 wurden dann auf dem Gelände der Baugenossenschaft eine Schankwirtschaft und ein Kolonialwarengeschäft errichtet ( heutige Arberhütte ).
1926 wurde im Rahmen des 6. Bauabschnittes ein Konsum- und Metzgereiladen an der Alten Waldmünchener Straße 47 - 51 errichtet. Um damals im Konsumladen einkaufen zu können, musste man Konsum-Genossenschafts-Mitglied werden.
Ziel der Konsumgenossenschaften war es, den Bedarf der Mitglieder zudecken und Gewinne in Form von Rückvergütungen an die Mitglieder wieder auszuschütten. Für jeden Einkauf gab es Rabattmarken, die man wieder einlösen konnte.
Im Jahr 1924 schlossen sich die Regensburger Baugenossenschaften und - Vereine dem "Kartell der Bauvereine und Genossenschaften von Oberpfalz und Niederbayern an, um ihre Belange bei Ämtern und Behörden wirksamer vertreten zu können.
1925 trat die Baugenossenschaft dem "Verband bayerischer Baugenossenschaften und -vereine in München" bei. Von nun an musste sich die Baugenossenschaft zwar einerseits einer gesetzlichen Revision unterziehen, bekam andererseits aufgrund der Zuerkennung der Gemeinnützigkeit das Recht, Staatszuschüsse in Form von Baudarlehen zu erhalten.
In den 20er und 30er Jahren herrschte eine große Arbeitslosigkeit, deren Folge auch die Baugenossenschaft zu spüren bekam. Durch die Zahlungsunfähigkeit vieler Mieter und dadurch leer stehende Wohnungen verschlechterte sich die finanzielle Situation der Baugenossenschaft in hohem Maße. Diese Notzeit stärkte den ausgeprägten Gemeinschaftsgeist unter den Siedlungsbewohnern, der sich nicht zuletzt in einem regen kulturellen Leben in der Arbeitersiedlung ausdrückte. Genossenschaftsabende, Weihnachtsfeiern oder Kinderfeste halfen einer zunehmenden Vereinsamung am Arbeitsplatz durch den Aufbau gesellig nachbarschaftlicher Beziehungen entgegenzuarbeiten. Zentrum hierfür war die Gaststätte Arberhütte, in der sich bis zu ihrem Verbot die "Sozialistische Arbeiterjugend" traf. Bald wurde die Siedlung von den Bewohnern Reinhausens und der umliegenden Gemeinden als "rote Siedlung" bezeichnet.
Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, wurde durch Gleichschaltung und Einheitsverbandsprinzip die gemeinnützige Wohnungswirtschaft im Deutschen Reich vereinheitlicht. Auch die Genossenschaft blieb von dieser Maßnahme nicht verschont. Das damalige Gründungsmitglied, der 1. Vorstand, Hans Hayder, wurde inhaftiert. Die sozialdemokratische Gesinnung, war den Machthabern ein Dorn im Auge. Die Kreisleitung setzte einen neuen Vorstand ein. Es stellte sich jedoch heraus, daß die neuen Männer mit der Leitung der Baugenossenschaft im Grunde überfordert waren. Obwohl die militärische Aufrüstung und das Streben nach wirtschaftlicher Selbständigkeit zu einem vermeintlichen Aufschwung und einer Konsolidierung der finanziellen Verhältnisse geführt hatten und obwohl jetzt auch städtische und staatliche Stellen, den Wohnungsbau unterstützten, wurden in der Siedlung keine Wohnungen mehr gebaut.
Innerhalb von 14 Jahren konnten 18 Bauvorhaben in die Tat umgesetzt werden. Bis zur Machtübernahme durch die Nationalsozialisten waren 360 Wohnungen gebaut worden, 1400 Menschen wohnten in der Siedlung. Außerdem waren noch 11 Tagwerk Baugrund und 3 Tagwerk Waldgelände vorhanden. Straßenbeleuchtung, Gasversorgung und Kanalisierung waren zum großen Teil vorhanden.
Ungünstig war der ständige Wechsel im Vorstand. Das verschlechterte die wirtschaftlichen Verhältnisse weiter, es wurde an Reparaturen gespart, die vorhandenen Gebäude verwahrlosten immer mehr. Verbessert wurd immerhin die Verkehrssituation. So verkehrte eine Postautobuslinie "Reinhausen Kirche" bis "Stadtamhof Brücke".
Am 16. April 1946 fand die erst Generalversammlung der Baugenossenschaft nach dem Krieg statt. In den Vorstand gewählt wurden der Gründer der Genossenschaft, Hans Hayder, sowie Georg Daschner und Josef Dechant. Die Genossenschaftsleitung sah sich vor die fast unlösbare Aufgabe gestellt, durch Luftangriffe Geschädigte und Heimatvertriebene in der Siedlung unterzubringen, obwohl dort bereits 302 Familien mit 462 Kindern wohnten. Im Frühjahr 1950 wurde ein neues Bauprogramm im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus aufgenommen, dem weitere Bauvorhaben folgten.
Der Verlauf der Erbauung
August 1919 Grundsteinlegung
das 1. Bauprogramm wurde 1919 mit dem Bau von 24 Einfamilien-Reihenhäusern an der Alten Waldmünchener Straße, Dr. Reiner-Straße und an der Arberstraße begonnen
1921- 1923 Pfälzersiedlung mit 21 Wohnungen vor allem für Kriegsbeschädigte
Innerhalb von 14 Jahren konnten 18 Bauvorhaben in die Tat umgesetzt werden. Bis zur Machtübernahme durch die Nationalsozialisten waren 360 Wohnungen gebaut worden, ca. 1400 Menschen wohnten in der Siedlung
1933 wurde die Pfälzersiedlung fertig gestellt
1950 36 Kleinwohnungen an der Lusenstraße 5/7/7a und 12 sowie an der Rachelstraße 15 und der Sonnenstraße 22 ( heute 34 )
1951 32 Kleinwohnungen an der Sonnestraße 24 - 30 ( heute 36- 42 )
19652 31 Kleinwohnungen an der Sonnenwaldstraße 25 - 31 ( heute Hans-Hayder-Straße )
1953 24 Kleinwohnungen an der Sonnenwaldstraße 19 - 23 ( heute Hans-Hayder-Straße )
1954 24 Kleinwohnungen an der Sonnenwaldstraße 13 - 17 ( Heute Hans-Hayder-Straße )
Die Neubauten an der Lusen-, Rachel- und Sonnenstraße wurden dreigeschossig angelegt, die Gebäude Sonnenwaldstraße ( heute Hans-Hayder-Straße 13 - 31 ) sind viergeschossig und überragen die alten - vor dem Krieg gebauten Siedlungshäuser deutlich. Gründe für den vermehrten Geschossbau nach dem Krieg waren zum einen die dringende Notwendigkeit, möglichst viele Menschen unterzubringen, und zum anderen die vorhandenen Grundstücke optimal zu nutzen.
1958 starb Hans Hayder, der Gründer und Vorsitzende der Baugenossenschaft Stadtamhof.
1960 entstanden an der Hans-Hayder-Straße 7 und 9 im öffentlich geförderten Wohnungsbau zwei viergeschossige Häuserblocks, direkt im Anschluss an die Wohnblöcke der Baugenossenschaft St.-Josefs-Heimstätten, In den Jahren 1961 bis 1963 wurden an der Rachelstraße 8-14 weitere 48 Wohnungen errichtet.
Im Stadtteil Steinweg, an der Pfälzerstraße wurden 1965 18 öffentlich geförderte Wohnungen gebaut.
Schließlich kam in den Jahren 1968 und 1969 eine Wohnanlage im Stadtteil Weichs an der Inn- und Vilsstraße mit 56 Wohnungen hinzu.
Die letzte größere und wohl einschneidenste Baumaßnahme fiel in die Zeit von 1969 bis 1972 an der Alten Waldmünchener Straße und früheren Osserstraße. Deshalb mussten zuerst die 1919 errichteten Einfamilienhäuser abgerissen werden, um die Gelände besser nutzen zu können.
Der Altbestand der Baugenossenschaft belief sich auf 73 Mietshäuser mit 253 Wohnungen die vor dem Krieg errichtet wurden. Ferner verfügte das Unternehmen früher über eine Gaststätte, eine chemische Reinigung, ein Büro, ein Lebensmittelgeschäft, eine Metzgerei, 2 Werkstätten und 128 Garagen. Außerdem wurden an der Alten Waldmünchner Straße 32 Eigentumswohnungen verwaltet.
Zum heutigen Bestand ( 2016 ) zählen ....... Wohnungen und .... Garagen in den Stadtteilen Reinhausen, Weichs und Stadtamhof, ein Gasthaus, eine Schneiderei, ein Angelfachgeschäft, sowie ein Regiebetrieb für die laufenden Arbeiten und Reparaturen.
Da ab 1972 die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau gekürzt wurden und keine geeigneten Baugrundstücke mehr zur Verfügung standen, lag ab diesem Zeitpunkt der Schwerpunkt der Aktivitäten der Baugenossenschaft, bei der Instandhaltung und Modernisierung ihres Bestandes.
Für diese Zwecke werden jedes Jahr, auch heute noch, erhebliche Mittel aufgewendet. Wer heute durch die Siedlung geht wird positive Veränderungen merken: farbenfrohe Fassaden und viel Grün, vor allem in den Innenhöfen, sollen den Bewohnern ein besonderes Wohngefühl vermitteln.
Eine besondere Aufgabe der Verwaltung heute, ist die Betreuung der Mitglieder. Unsere moderne und effiziente Verwaltung stellt sicher, dass alle Geschäftsvorfälle optimal und unter Beachtung des Grundsatzes der Sparsamkeit, im Interesse der Mitglieder erledigt werden.
- Quelle - Lebensräume -75 Jahre Gemeinnützige Baugenossenschaft Stadtamhof und Umgebung eG
Hans Hayder
1955 Verdienstkreuz am Bande
Carl Winkler
In Jahreszahlen
1920 | 14 Häuser mit 54 Wohnungen |
1925 | 5 Häuser mit 22 Wohnungen |
1926 | 9 Häusermit 34 Wohnungen |
1927 | 8 Häuser mit 27 Wohnungen |
1928 | 2 Häuser mit 7 Wohnungen |
1929 | 17 Häuser mit 62 Wohnungen |
1930 | 4 Häuser mit 8 Wohnungen |
1931 | 13 Häuser mit 39 Wohnungen |
1935 | 1 Haus mit 1 Wohnung |
1950 | 6 Häuser mit 37 Wohnungen |
1951 | 4 Häuser mit 32 Wohnungen |
1952 | 4 Häuser mit 31 Wohnungen |
1953 | 3 Häuser mit 24 Wohnungen |
1954 | 3 Häuser mit 24 Wohnungen |
1960 | 2 Häuser mit 16 Wohnungen |
1961 | 2 Häuser mit 16 Wohnungen |
1962 | 3 Häuser mit 24 Wohnungen |
1963 | 1 Haus mit 8 Wohnungen |
1965 | 3 Häuser mit 18 Wohnungen |
1968 | 3 Häuser mit 24 Wohnungen |
1969 | 1 Haus mit 32 Wohnungen |
1970 | 4 Häuser mit 32 Wohnungen |
1971 | 2 Häuser mit 16 Wohnungen |
1973 | 9 Wohnungen |
Aktueller Bestand
114 Miethäuser mit 599 Wohnungen
3 gewerbliche Objekte
128 Garagen